Als die ersten Kassettenrecorder auf den Markt kamen, wurde von der Industrie schnell was Wort Diebstahl in den Mund genommen, da sich Leute die Hitparade auf Kassette kopiert haben.
Als CD-Brenner erschwinglich wurden, ging es weiter. Zugegeben: Hier nahm das Problem eine neue Dimension an. Wenn man eine CD rippt, gibt es keinen Qualitätsverlust mehr.
Was für ein Drama passierte, als Napster populär wurde, wissen wir alle. Wobei der erste MP3 Encoder tauchte 1994 auf, Napster erst 1998 . Dazu verweise ich auf diesen spannenden Artikel, der von einer der ersten MP3 Gruppen berichtet.
Mittlerweile hat sich aber etwas geändert, was man wohl primär Apple anrechnen kann. Es gibt Möglichkeiten, Musik und Filme komfortabel zu kaufen. Was mit dem iTunes Store begann endete dann bei Spotify oder Netflix.
Bei diesen Diensten bezahlt man Geld und so muss man sich auch kein Gewissen machen? Sicher! Oft wurde ja gegen Spotify geschossen. Rapper Gimma schiesst auf Watson aus allen Rohren gegen den neuen Dienst Apple Music. Irgendwie tönt es so, also würde man ein Dieb sein, nur weil man Spotify nutzt. Ist man auch ein Dieb wenn man nur Radio hört? Für mich ist Musik, und sie war es immer, etwas was einfach passiv läuft. Im Zug, vor dem Einschlafen oder – je nach Arbeitgeber – im Büro. Der Musikkenner, mit seinen Vinyl Platten, wird mich wohl als Banause bezeichnen.
Netflix hat bekanntlich das Problem, dass gewisse Produktionen nicht in allen Ländern verfügbar sind. Man muss kein Informatiker sein, um diese Sperren zu umgehen. Der Netflix Gründer scheint dieses Problem relativ locker zu nehmen und drängt immer mehr auf die globale Vermarktung von Inhalten.
Den Vogel abgeschossen hat jetzt aber die Chefin von Bell (Kanada) Mary Ann Turcke. Bell ist Anbieter wie Swisscom, bietet also auch TV Dienste an. Ihre Tochter hat via VPN auf Netflix in den USA zugegrifen. Schnell hat sie gemerkt, dass es dort mehr Inhalte gibt.
Die Reaktion der Mutter: Sie bezeichnet die eigene Tochter als Diebin!
Man könnte meinen, die Industrie hätte etwas aus den Fehlern gelernt. Doch wie es scheint, nimmt man sich jetzt sogar Kunden vor, die für Inhalte bezahlen. Man könnte fast glauben, wir hätten den 1. April…
Hometaping is killing music? Homefucking is killing prostitution!
«Like throwing garbage out of your car window, you just don’t do it. We have to get engaged and tell people they’re stealing»
Diese Mary Ann Turcke hat es leider auch nicht begriffen: Im Internet-Zeitalter gibt es keine Landesgrenzen für digitale Inhalte mehr. Ihr Vergleich VPN-Benutzung sei wie Müll aus dem Autofenster werfen – man tue es einfach nicht, passt absolut nicht. Sie sollte lernen, dass sich Endkunden von Abodiensten wie Netflix nicht mehr vorschreiben lassen, wann und wo sie ihre Inhalte sehen wollen. Schliesslich bezahlt man dafür, also will man ungeachtet von Landesgrenzen diesen bezahlten Inhalt sehen.
Solange Mütter aber lieber ihren Töchtern den VPN-Zugang wegnehmen als das eigentlich Rechte-Problem zu lösen, solange werden Töchter einen alternativen Weg finden ihre Lieblingsserien zeitnah zu sehen. Wenn nicht legal und gegen Bezahlung auch auf anderen Wegen. DAS wäre dann allenfalls «stehlen», Frau Bell-Chefin! Wollen Sie das wirklich?